Zur wirtschaftlichen Lage von Musikern. Was tun?
Obwohl die deutsche Kultur- und Medienwirtschaft in der Bruttowertschöpfung nach der Automobilindustrie an zweiter Stelle liegt beobachten wir seit Jahren eine konstante Verschlechterung der wirtschaftlichen und damit auch sozialen Lage der Kunstschaffenden. Unter diesen sind Musiker die am schlechtesten bezahlten. Nach den Berechnungen der Künstlersozialkasse verdienten Musiker 2012 im Schnitt 11500 € jährlich. Frauen verdienen übrigens ein Drittel weniger. Das hat eine Vielzahl von Ursachen wobei nicht unerwähnt bleiben darf daß die technologischen Veränderungen und die damit verbundene geänderte Nutzung von Medien sich besonders negativ für Musiker ausgewirkt haben. Unter den gesunkenen Verkaufszahlen von Tonträgern leiden insbesondere die Erschaffer nämlich wir Musiker.
Auch die klammen öffentlichen Finanzen sind für uns ein Problem denn innovative Kunst braucht öffentliche Finanzierung. Mit ihr lässt sich nicht selten kein Gewinn erwirtschaften aber eine demokratische zukunftsorientierte Gesellschaft braucht den kritischen Geist nichtkommerzieller Künstler. Es scheint nicht populär zu sein für die Förderung unkonventioneller Kunst mehr öffentliche Mittel zu verwenden aber wer, wenn nicht die Politik, sollte darum ringen die Öffentlichkeit davon zu überzeugen uns Künstler als gesellschaftliche Gruppe ernst zu nehmen. Das gilt auch für unser Schulsystem welches wegen seiner chronischen Unterfinanzierung auch viel zu wenig für das Fach Musik und damit für ihre gesellschaftliche Bedeutung investiert. Es gibt einen allgemeinen Trend für Musik wenig oder gar nicht bezahlen zu wollen. Damit geht eine schleichende Herabsetzung der Stellung von Musikern einher. Die meisten meiner Kollegen werden dies bestätigen. Und das obwohl, wie aktuelle Zahlen zeigen, der Konsum von Musik zugenommen hat und sich insbesondere junge Menschen immer mehr am lifestyle rund um die Musik orientieren.
Also was tun? Ich glaube nicht dass mehr Geld das Problem automatisch löst. Es wird schon sehr viel Geld eingesetzt jedoch oft nicht zielführend genug. Und man sollte den Wunsch der meisten Musiker nach Unabhängigkeit und deren kreative Potentiale auch in geschäftlichen Dingen berücksichtigen.
Darum hier einige Gedanken zur wirtschaftlichen Lage und wie man diese verbessern könnte.
Für aktive Musiker gibt es drei Bereiche in denen Einkommen generiert werden kann.
1. Auftritte ( Konzerte, Theater, Funk und Fernsehen, Firmenveranstaltungen, Lesungen, Vernissagen und ähnliche Happenings, private Feste)
2. Tonträgervertrieb und Verwertung von Urheberrechten ( CD Vertrieb, DVD bei Filmmusik, GEMA Rechte, ev. Kompositionsaufträge)
3. Unterricht ( öffentliche und private Musikschule oder Schule, Workshops, Kurse,)
Zu Punkt 1. Dieser Bereich ist besonders heterogen. Einkommen besteht hier in Form von Gagen die über die Umsatzsteuer vom Künstler selbst zu vesteuern sind. ( Zum Thema Steuern möchte ich mich nicht äußern aber die Fachleute könnten hier bestimmt Impulse geben). Diese Gagen werden in Deutschland frei zwischen Künstler und Veranstalter ausgehandelt wobei der Veranstalter in der Regel in einer stärkeren Verhandlungsposition ist. Es gibt bei uns keine Mindestgagen wie z. B. in den Niederlanden. Das würde jedoch im Bereich Festivals, Opern- und Theateraufführungen aber auch in Funk und Fernsehen Sinn machen. Man glaubt es nicht aber selbst bei gut finanzierten Festivals gibt es eine intransparente Preispolitik und Preisabsprachen die zu Lasten der Künstlergagen gehen. Man hört immer wieder Geschichten von Intendanten die sich untereinander zu Lasten der Künstler absprechen. Der Gesetzgeber hat an dem Punkt soweit ich weiß auch keinen Rahmen festgelegt. Man könnte solche Absprachen mindestens für öffentlich finanzierte Veranstaltungen verbieten was wahrscheinlich schwer überprüfbar ist, dennoch aber ein richtiges Signal wäre.
Immer mehr Veranstalter gehen dazu über Künstler über eine Beteiligung an der Abendkasse und nicht über eine vereinbarte Festgage zu bezahlen. Das bedeutet dass das Risiko beim Künstler liegt was sich bei einer Tour verheerend auswirken kann, da die vor Ort Werbung vom Veranstalter gemacht wird und man selbst keinen Einfluss darauf nehmen kann. Nun ist aber die Lage der meisten Veranstalter ebenfalls prekär so dass ich meine dass man über eine verbesserte Spielstättenförderung, gekoppelt über eine Kontrolle der Gagenpraxis, nachdenken muss.
Der gesamte Bereich Eventwirtschaft muss reformiert werden denn hier haben Marktkonzentrationen stattgefunden die sich für alle Beteiligten, außer den Shareholdern, negativ auswirken. Ich möchte das nicht vertiefen denn das würde zu weit führen. Nur so viel: in Deutschland ist die CTS Eventim Marktführer und quasi Monopolist auf dem Konzertmarkt und gleichzeitig der zweitgrößte Ticketverkäufer weltweit. Und diese Position setzt sie zum eigenem Vorteil ein. Von einem gesunden Markt und fairem Wettbewerb kann man bei solchen Strukturen nicht reden. Außerdem werden hier kartellrechtliche Fragen aufgeworfen. Es ist ein Monopolsystem aus Tonträgerindustrie, Managementagenturen, Konzertagenturen und Ticketverkäufern entstanden daß es unabhängigen Musikern aber auch Verlagen immer schwerer macht sich auf dem Markt zu positionieren.
Dennoch ist durch die neuen Möglichkeiten der digitalen Medien und der gesunkenen Kosten für Tonträgerproduktion eine Situation entstanden in der immer mehr die Produktionsmittel in die Hände der Künstler wandern. Dadurch können sich diese unabhängig machen und sowohl Produktion, Vertrieb als auch Booking, also die Konzertakquise, selbst übernehmen.
Die Politik sollte genau hier steuernd einwirken um die Künstler und ihre Kleinstunternehmen, übrigens ohne Belastung der öffentlichen Finanzen, zu unterstützen. Wie gesagt: die meisten Künstler sind auch als Kleinunternehmer kreativ. Sie brauchen nur einen fairen Wettbewerb und diesbezüglich eine bessere Ausbildung. Musiker sein heute bedeutet immer mehr unternehmerisch zu denken und daher ergibt sich hier die Notwendigkeit bei der Berufsqualifikation fördernd einzugreifen. Hier gilt es das tradierte Bild vom genialen aber gesellschaftlich außenstehenden und von einem Mäzen abhängigen Künstler zu überwinden. Es ist nötig zu verstehen daß künstlerische Produkte zwar keine herkömmlichen Waren sind, jedoch als eine Art Dienstleistung markt- und betriebswirtschaftlichen Prozessen unterliegen. Das klingt für die meisten meiner Zunft abschreckend und wird daher oft wenig professionell umgesetzt. Ich möchte mich daher dafür einsetzen daß hier mehr Instrumente zur Selbsthilfe wie z.B Fortbildungen zur Verfügung gestellt werden. Es ist nicht einfach, aber man kann von Musik leben wenn man ökonomisch denkt.
Zu Punkt 2. Seit Jahren sinken die Gewinne aus dem Verkauf von Tonträgern. Die Gründe dafür sind vielfältig nicht aber die Folgen. Während die 3 großen Weltmarktführer Universal, Warner Brothers und Sony Music aufgrund ihrer schieren Größe diesen Prozess noch überleben können sind die Folgen für die kleinen Labels und Verlage dramatisch. Sehr viele mussten schließen und die noch am Markt sind befinden sich in einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Situation in der sie gezwungen sind Personal zu entlassen und immer mehr mit Praktikanten zu arbeiten. Nur 50% der Beschäftigten im Kultursektor haben überhaupt noch einen festen Arbeitsplatz bei einem Lohn nur knapp über dem Hartz 4 Satz.
Ein Beispiel: die renommierte Firma "Tapete Records" mit einem Künstlerstamm von 50 Musikern und Bands hatte 2009 einen Umsatz von 600 000 € und einen Verlust von 8000 €. Heute hat dieses Unternehmen drei feste, 2 freie Mitarbeiter sowie stets 2 Praktikanten. Die beiden Inbaber können sich selbst mittlerweile monatlich 500€ ! auszahlen. Die Künstler bekommen entsprechend auch nur marginale Tantiemen ausgezahlt. Die allermeisten Musiker stehen aber bei solchen Labels unter Vertrag und so ist eine CD nur noch eine moderne Form der Visitenkarte mit der man allenfalls seine Professionalität dokumentieren kann. Mehr nicht. Es gibt aber die Möglichkeit seine CD nach einem eigenen Konzert direkt zu verkaufen. Dort werden, zusammen mit dem Verkauf von anderen merchandising Artikeln, die höchsten Gewinne erreicht. Ebenfalls lukrativ ist der Vertrieb über streaming Dienste. Dieser Markt und die neuen Möglichkeiten der digitalen Mittel, des Internets und der social networks sind Instrumente die für Musiker immer wichtiger werden und durchaus das Potential haben ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern.
Ein sehr sensibles Thema ist der GEMA Verteilungsschlüssel. Dieser ist so gestaltet dass er Menge honoriert. Abgerechnet wird nach Verkaufszahlen was zur Folge hat daß ohnehin schon reiche Musiker wie beispielsweise Dieter Bohlen nur noch reicher werden. Innovative Künstler jedoch mit niedrigenVerkaufszahlen können von den GEMA Zahlungen nicht leben. Bei der Diskussion zur Reform des Urheberrechts wird oft das Argument angeführt dass die Musiker selbst keine Reform wollen weil sie ja von ihren Gebühren leben. In Wirklichkeit gibt es kaum welche die das können. Und das liegt sowohl an dem Verteilungsschlüssel als auch an der gängigen Praxis bei Plattenverträgen so viele Rechte an die labels abtreten zu müssen daß vom eigenen Urheberrecht kaum noch was bleibt. Mehr GEMA Zahlungen an die Kleinkünstler würde deren drastisch verbessern helfen ohne den Großen wirklich weh zu tun. Hier muß Politik Initiativen starten um die Monopolisierung rückgängig zu machen. Andernfalls sind Vielfalt und Qualität unserer Musiklandschaft ernsthaft gefährdet.
Zu Punkt 3. Fast 80 % der akademisch ausgebildeten Musiker wählen den Beruf des Musikpädagogen als Haupteinnahmequelle. Die meisten von ihnen sind an kommunalen Musikschulen beschäftigt. Zahlen des Deutschen Kulturrates als auch aus der Forschung, wie beispielsweise in einer Untersuchung der Berliner Soziologin Alexandra Manske, zeigen dass nur etwa ein Viertel der Beschäftigten an Musikschulen eine Festanstellung haben. Der Rest sind Honorarkräfte mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von ca. 13000 €. Und das wohlbemerkt als akademisch ausgebildete Musiker in Vollzeitbeschäftigung. Deren monatliche Rente wird voraussichtlich weniger als 600 € betragen. Der Berliner Senat hat 2013 noch einmal eine Verschlechterung der Bezüge bewirkt indem er in den neuen Honorarverträgen die Schulferien nicht mehr bezahlt. Wir reden hier von 11 Wochen in denen die Musiklehrer ohne Bezahlung bleiben. Allein in Berlin sind ungefähr 10000 Menschen auf Wartelisten eingetragen und müssen mehrere Jahre warten bis ein Platz frei wird. Diese hohe Zahl zeigt wie hoch das Beschäftigungspotential für Musiklehrer und der gesellschaftliche Bedarf sind der aber nur über eine öffentliche Finanzierung gedeckt werden kann. Denn Musikschulen sind personalintensiv und daher nicht gewinnbringend zu betreiben. Daher braucht die Finanzierung der Musikschulen dringend eine neue Philosophie mit der es möglich werden kann alternative Quellen zu finden. Denkbar wäre eine stärkere Kooperation mit Unternehmen wie z.B. Instrumentenbauern, Abschöpfen von EU Mitteln und auch eine bessere Vernetzung mit anderen Kulturinstitutionen. Ich kann mich erinnern wie schwer es war die Direktorin meiner ehemaligen Musikschule von der Zusammenarbeit mit einer interkulturellen Theatergruppe zu überzeugen. Man darf sich jedoch trotz Suche nach Alternativen nichts vormachen. Ohne die Finanzierung durch Länder und Kommunen ist das deutsche Musikschulwesen nicht zu halten.
In Deutschland finanzieren Länder und Kommunen gemeinsam 87 % des Kulturetats. Nur 13 % entfallen auf den Bund. Da die Kommunen aber mit den zusätzlichen Kosten für Soziales überlastet sind und die Kultur, anders als die sozialen Aufgaben, eine freiwillige Ausgabe ist wird dort als erstes gespart. Daher meine Forderung auch den Kulturbereich gesetzlich als Pflichtaufgabe zu verankern und im Zuge einer Bund Länder Reform die Kommunen zu entlasten. Anders sehe ich keine Möglichkeit mehr für die Kommunen ein reiches, vielfältiges kulturelles Leben zu ermöglichen.
Das nächste Problemfeld ist die Ausbildung des musikalischen Nachwuchses. Die deutschen Musikhochschulen bilden heute eine sehr große Zahl von Musikern aus die anschließend keine Anstellung finden. Das Musikstudium ist nach der Medizin das teuerste. Während in den vergangenen Jahrzehnten die Zahl der Musikhochschulen kontinuierlich gestiegen ist wurde die Zahl der Orchester diametral dazu gesenkt. Es ist daher irrational all diese Musiker für die Arbeitslosigkeit oder für eine Existenz knapp über Hartz 4 auszubilden. Die Mittel die hierfür eingesetzt werden sind eigentlich fehlgeleitet, gerade wenn wann z. B sieht daß 50% der Musikstudenten aus dem Ausland kommen und hier umsonst studieren. Nur ein Teil dieser Musiker kehrt in seine Heimat zurück. Ein großer Teil landet auf dem deutschen Arbeitsmarkt und belasten diesen noch zusätzlich. Wir subventionieren quasi die Kulturlandschaft von Ländern wie Südkorea und Japan. Länder die das nicht nötig haben. Auch hier ist eine Reform nötig. So könnte man über Studiengebühren für ausländische Studenten nachdenken.
Neben den Musikschulen bieten die öffentlichen weiterbildenden Schulen die Möglichkeit Musiker zu beschäftigen. Es gibt die Möglichkeit das nachmittägliche Kursprogramm zu erweitern als auch Musiker vermehrt im regulären Musikunterricht einzusetzen. Es gibt bereits Konzepte um professionellen Musikern ein nachträgliches, verkürztes Musikpädagogik Studium zu ermöglichen und anschließend im Schulbetrieb zu beschäftigen. Die ehemalige Bildungsministerin Bulmahn hat so ein wegweisendes Projekt in Niedersachsen vorangebracht. Gerade für die Älteren ist die Perspektive an einer Schule arbeiten zu können und so zum anstrengenden und unsicheren Konzertbetrieb eine Alternative zu haben sehr attraktiv. Und für die Schulen können diese erfahrenen, charismatischen Künstler eine große Bereicherung sein.
Kultur kostet. Aber jeder Euro der in unsere kulturelle Bildung gesteckt wird stärkt unser geistiges Niveau und damit unsere wichtigste Ressource, den Faktor Mensch. Ich finde jedoch die bloße Forderung nach mehr staatlichem Geld zu fantasielos und weiß daß die meisten Musiker unabhängig sein wollen. Bei Walter von der Vogelweide hieß es noch " wess Brot ich ess, dess Lied ich sing. " Diese Zeiten wünscht sich kaum ein Künstler zurück. Im Gegenteil. Die meißten wünschen sich eigene Handlungsfähigkeit. Subventionierte Kunst begibt sich nämlich in Gefahr zu wenig Biss zu entwickeln und damit beliebig, unkreativ zu werden. Zumal man leider feststellen muß daß die Förderpolitik in Deutschland oft nicht nachhaltig und sinnvoll genug ist. Der Subventionsdschungel muß dringend auf seine Wirksamkeit hin überprüft werden. Auf die richtige Mischung von sinnvoll eingesetzten Fördergeldern und produktivem privatwirtschaftlichem Handeln kommt es an. Als Jazz Musiker muss ich noch im Besonderen darauf hinweisen daß meine Berufsgruppe gemeinsam mit den Rockmusikern am Ende der Einkommensskala steht. Jeder weiß daß Jazz eine hochentwickelte Kunstform ist und gemeinhin nicht als populär, also leicht hörbar wahrgenommen wird. Dennoch wird er hierzulande sowohl bei der GEMA als auch bei der staatlichen Förderpolitik als Popularmusik eingestuft. Mit verheerenden Wirkungen. Während ein als klassisch eingestufter Komponist aus einem wesentlich fetteren Topf schöpfen kann muß ein Jazz Musiker der z.B. ein klanglich der Neuen Musik einzuordnendes Werk komponiert mit den mageren Mitteln für Popularmusik auskommen. Angesichts dessen daß er genauso akademisch ausgebildet ist wie ein klassischer Musiker ist das ein unerträglicher Zustand.
Da der Musiker heute stärker unternehmerisch denken muss als früher braucht er häufig Kleinkredite die jedoch von den Banken in der Regel nicht gewährt werden. Auch hier braucht es ein neues Denken um Musiker wirklich als Unternehmer zu begreifen und entsprechende Finanzierungsmodelle zu entwickeln. Schließlich appelliere ich an die Politik stärker ordnend in die Kreativwirtschaft einzugreifen denn hier regiert in hohem Maße ein gänzlich deregulierter wild wuchernder Neoliberalismus. Gegen diese konzentrierte Marktmacht kommen die vielen kleinen Musikunternehmen und Musiker nicht mehr an. Es kommt erschwerend hinzu daß viele Kulturunternehmer schlichtweg nicht kompetent sind. Musiker die sich bei Agenturen bewerben können von Dilatenten berichten die es gelernt haben sich wichtig zu machen nicht aber eine Band wirklich voranzubringen. Zum Teil lassen sich sogenannte Booker die Vermittlungsgebühren im Vorraus bezahlen ohne anschließend die entsprechende Zahl an Konzerten tatsächlich zu vermitteln. Solche und ähnliche Praktiken darf es nicht geben. Unsere Kultur braucht einen Unternehmertypus der sowohl wirtschaftlich kompetent als auch daran interessiert ist Kunst und Kultur voranzubringen. Das geht meiner Meinung nach besser in kleinteiligen Strukturen und nicht unter den wachsenden, gewissermaßen industrialisierten Produktionsbedingungen börsennotierter Medienunternehmen denen es primär um die Rendite geht. Die Musikindustrie sollte daran erinnert werden daß sie nicht nur einen Unterhaltungs sondern auch einen Bildungs- und Kulturauftrag hat. Zur Not mit einer Kulturabgabe von der die innovative Musiklandschaft profitieren könnte. Denn wer uns mit Ramsch überschüttet sollte die Chance bekommen dies wiedergutzumachen.
Abschliessend einige Ideen stichpunktartig
1. Neuregulierung des Tonträger- und Konzertmarktes.
2. GEMA Reform, Änderung des Verteilungsschlüssels
3. Verbesserung des Arbeitnehmerschutzes in der Kreativwirtschaft
4. Einführung von Mindestlöhnen und Mindestgagen
5. Fort- und Weiterbildung ausbauen
6. Spielstättenförderung von Kleinbühnen verbessern
7. Finanzierung der Musikschulen verbessern
8. Stärkere Integrierung von Musikern im Schulsystem
9. Reduzierung der Hochschulabsolventen und Entlastung des Arbeitsmarktes
10. Überprüfung der Förderpolitik, Änderungen im Bereich Jazz und Neue Musik
11. Eine gesetzliche Verankerung von Kultur als Pflichtaufgabe
12. Eine Kulturabgabe für die Musikindustrie
13. Private Finanzierungsmöglichkeiten (Kleinkredite) für Musiker schaffen
Hier noch einige Literaturtips
Berthold Seliger, Das Geschäft mit der Musik. Der Konzertmanager Berthold Seliger hat ein beeindruckendes Insiderbuch über die heutigen Geschäftsmethoden der Musikwirtschaft geschrieben.
Deutscher Kulturrat, Studie Arbeitsmarkt Kultur 2013. Die genaueste Studie mit aktuellen Zahlen.
Deutscher Kulturrat, Arbeitsmarkt Kultur: vom Nischenmarkt zur Boombranche. Aus Politik&Kultur 9.
Alexandra Manschke. Die Berliner Soziologin forscht seit Jahren zur Lage der Kreativen und hat viel veröffentlicht. Die aktuell wichtigste Forscherin in diesem Bereich.
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